It’s a hard world for little things.
DIE NACHT DES JÄGERS ist weniger wegen seines bemerkenswerten Spannungsbogens der stilbildende Klassiker, der er heute ist, sondern viel eher durch seine Fähigkeit, die Sujets und Versatzstücke vielerlei Genres homogen zu kombinieren und sich letztendlich doch von seiner Patchwork-Attitüde zu emanzipieren. Charles Laughtons erste und einzige Regie-Arbeit thematisiert primär die Rolle der Religion im südlichen Amerika der 1920-Jahre und seine polarisierenden Auswirkungen. Dies wird vor allem in Form des charismatisch-bösen Ex-Häftlings Harry Powell deutlich: Seine einfältigen Mitbürger schöpfen trotz seiner eigenwilligen Art keinerlei Verdacht, solange er jeden seiner Versprecher mit einem vermeintlich tiefgründigen Bibel-Zitat relativiert. In religiösem Eifer werfen sie sich ihm zu Füßen – dem wahrhaftig diabolischen Wolf im Schafspelz. Die Gesellschaft in Laughtons Werk ist eine altertümliche: Nur durch eine traditionelle Rollenverteilung in der Familie scheint es überhaupt möglich, seine Kinder angemessen erziehen zu können. Und so nimmt das bereits abzusehende Unglück seinen Lauf.
Stilistisch deutlich vom expressionistischen Film der Frühzeit inspiriert, gelingt es Laughton in seinem Debut, ausgefeilte Symboliken, die schwierige Religionsthematik, Gesellschaftskritik und das kindliche Älterwerden gleichergestalt in einem surrealen Thriller-Märchen von zutiefst düsterer und bedrückender Gestalt zu vereinen. Seine letzte Aussage ist demgemäß auch ebensowenig autokratisch wie vollkommen herzerwärmend: Religion bleibt letzten Endes immer noch jedem selbst überlassen – manchem benebelt es die ohnehin schon wenigen Gedanken, den anderen treibt es zum tugendhafte(re)n Leben; und wieder andere interessiert es gar nicht. Die Charaktere befreien sich im verdienten Freudentaumel vom eingeflößten Dualismus des Harry Powell und finden das wahre Glück.
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