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Posts Tagged ‘Batmans Rückkehr’

Filmplakat

Tragic irony or poetic justice, you tell me.

Wirkte der Erstling BATMAN noch mehr wie eine semi-spielerische und gleichzeitig von den großen Studiobossen kontrollierte Franchise-Auftragsarbeit des Regie-Wunderkinds Tim Burton, präsentiert sich sein größtenteils frei(er) produziertes Sequel BATMAN RETURNS in jeglicher Hinsicht als die homogenere und dramaturgisch ausgereiftere Adaption des berühmten Comic-Stoffes. In der sichtlich von Gotik und Art déco-Stil beeinflussten Architektur Gotham Citys beobachten wir das satirisch-skurille Heranwachsen zweier prägnanter Persönlichkeiten, welchen Burton mit sichtlichem Respekt begegnet, sie letztlich immer als verletzliche Wesen präsentiert und ihnen somit eine interessante psychologische Tiefe verleiht.

Das Faszinierende an seinem Trio Infernale (Batman – Catwoman – Pinguin) ist die Farce, mit der sich die Charaktere begegnen: Sie alle sind Gäste auf einem brutalen Maskenball, belügen und täuschen sich gegenseitig, wissen nie, mit wem sie es gegenwärtig zu tun haben. So verwundert es auch nicht, dass Burton die Soziopathie und Gebrochenheit der drei als ihre Haupteigenschaften bestimmt und herauskristallisiert: Bruce Wayne selbst verlor seine Freundin durch seinen von der Dualität befallenen Charakter, versteckt seine zutiefst verunsicherte Persönlichkeit hinter Maske und gepanzertem Kostüm, wähnt sich als selbstgerechter Rächer und vollstreckt erbarmungsloser denn je. Mit humoristischer Lakonik lässt er Sprengstoffgürtel samt ihrer karnevalistischen Träger detonieren und stößt Gegner skrupellos in tiefste Abgründe, nur um eine Stunde später schüchtern bei Champagner und Kaminfeuer mit der nächsten Frau zu flirten. Batman wird zum ersten Mal vollkommen als das entlarvt, was er im Grunde ist: Ein der Selbstjustiz fröhnender Psychopath, dem kein Wert am menschlichen Leben im Allgemeinen mehr zu liegen scheint; alles für die eigene Gut-Böse-Ideologie, zu dessen festem Bestandteil er allmählich avanciert.

Anstatt wie noch im Vorgänger primär die Verkommenheit der Gesellschaft zu karikieren und klassische Feindbilder zu neuen Helden zu verklären, stößt Burton in tiefere Zonen vor und hinterfragt seinen eigenen Protagonisten. Seine zweite satirische Abrechnung gilt der urbanen Politik und den dazugehörigen Intrigen und Rangspielen, welche durch mediale Manipulation die gefährliche Macht des heuchlerischen Volkes erlangt.

Neben Tim Burtons allgegenwärtig wahrzunehmender visueller Ästhetik behandelt BATMAN RETURNS erneut die typischen Motive seines Schöpfers: Er bricht mit der bis dahin üblichen Helden-Ikonisierung und verwischt alle Schwarz-Weiß-Malerei zu einem schmutzigen Grau. Der subversive Perspektiv-Wechsel eines BEETLEJUICE wird abermals aufgegriffen und in die Realität transportiert; everything is kind of evil. Ironischerweise gelingt es lediglich den beiden Antagonisten, sich im Laufe des Films von ihrer manipulierten Opfer-Rolle zu emanzipieren und blutige Vergeltung an Gesellschaft und Politik zu üben; Batman hingegen beißt sich weiterhin an seinen veralteten Dogmen fest und radikalisiert diese bisweilen sogar.

Weniger schrill, von erhabener Finsternis und kritischerem Charakter: BATMAN RETURNS geriert sich als das Original übertreffendes Sequel voll darstellerischer Intensität und philosophischer Helden-Fragen. Burton demontiert das Superhelden-Genre und revolutioniert es gleichzeitig. Sein zu Unrecht oft übersehenes Werk fungiert als wegweisender Vorreiter postmoderner Helden-Dramen, wie sie beispielsweise Christopher Nolan jüngst in die internationalen Kinos brachte. Anstatt seinen ohnehin schon realistischen Subtext allerdings in einer rational-drögen Geschichte zu ertränken, wählt er als kontextuellen Rahmen nochmals die Form des städtischen Märchens, die er bereits im zwei Jahre zuvor erschienenen EDWARD SCISSORHANDS perfektionierte. Märchenhaft-tragisch ist schlussendlich auch Waynes verzweifelte, allzu menschliche Sehnsucht nach einer ebenso zerstörten Seele. Der sensitive Mensch übernimmt die Rolle des ehemaligen Superheldens. Nur super, das ist er wahrhaftig nicht.

9,0/10

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