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Posts Tagged ‘kommunismus’

Filmplakat

Divine decadence darling!

CABARET zelebriert die therapierende Wirkung der Kunstform des satirischen Musicals in jeder Sekunde und verwendet im selben Moment verstörend dualistische Perspektiv-Montagen, um an den Wahnsinn und Schrecken des Faschismus‘ zu erinnern. Stets bestimmt das aktuelle Tagesgeschehen die lasziv-dekadenten Bühnenprogramme des surrealistisch eingefangenen Kit Kat Clubs im Berlin der 1930er-Jahre. Einfältige Bürger der Arbeiterklasse beginnen derweil, sich in fanatischen Gemeinschaften zu gruppieren, sprießen wie Giftpilze hervor und verpesten das ohnehin schon kritische Klima der deutschen Großstadt. Grausam der gefährliche Kontrast aus brutaler Gewalt und künstlerischer Ausgelassenheit, der anfangs nur vereinzelt, später jedoch omnipräsent auf die Leinwand tritt. Entgegen des Ur-Broadway-Stücks richtet Regisseur Bob Fosse neben den karikierenden Bühnenshows seinen Fokus auf die Beziehung zwischen Sally und Brian; beide fungieren als Archetypen für politische Identitäten. In einer frivolen Dreiecksbeziehung eskaliert das Kokettieren mit dem ideologisch oppositären Gegenüber schließlich – Pro und Contra, artifizielle Scheinwelten und Realität. CABARET ist ein Kind des Dualismus. So befreiend und eskapistisch Kunst auch ist, die Welt vermag sie leider nur in den seltensten Fällen zu verändern.

8,5/10

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Filmplakat

Any world that can produce the Taj Mahal, William Shakespeare, and Stripe toothpaste can’t be all bad.

Mit Schirm, Charme und Melone entwirft Regisseur und Autor Billy Wilder im historischen Kontext des Kalten Krieges eine schlagfertige Real-Satire und aristophanische Polit-Karikatur. So ist der gebürtige Österreicher zwar nie auch nur annähernd wertungsfrei, doch werden gleichermaßen Ost wie West, Links wie Rechts auf die hinterfragende Schippe genommen – Wilder wütet mit komödiantischem Geschick und niemand ist vor seinen bissigen Hieben sicher. Mit sichtlicher Freude demontiert er politische Ideale und Lebensstile, rechnet auf humoristische Art mit Korruption und Mitläufertum des deutschen Volkes ab, ohne sich allerdings mit erhobenem Zeigefinger über sie zu stellen.

Vor allem – aber nicht nur – aus damaliger Sicht dürfte EINS, ZWEI, DREI für ein mulmiges Bauchgefühl gesorgt haben, als der damals 55-Jährige gleichermaßen das kapitalistische Patriarchiat wie auch die Doppelmoral der Kommunisten ad absurdum führt, im dialogischen Zusammentreffen beider Gegensätze wortspielerische Glanzleistungen und wohl pointierte Leichtfüßigkeit kombiniert und somit fein- wie auch hintersinnige Komik kreiert. Das ungleiche junge Liebespaar fungiert als burleske Metapher für das Poussieren mit dem [ideologischen] Feind und die Blindheit der Liebe, die anfänglich alle Grenzen und Gesetze außer Kraft zu setzen weiß – bis der Blick durch die rosarote Brille allmählich aufklart und sich eine der beiden Seiten entscheiden muss. Mit einem rasanten Crash-Kurs in Sachen Kapitalismus endet der 1961 produzierte Film schließlich und präsentiert sich bis in die letzte Kamera-Einstellung als das, was er im Grunde ist: Ein wohl akzentuierter, mit einem perfekten Drehbuch ausgestatter Witz, ein skurriles Zeitgeist-Portrait der DDR, bei dem wohl jeder Zuschauer zum Wenigsten ein paar verschmitzte Backpfeifen kassieren dürfte. Billy Wilder, der charmante Karikaturist.

8,5/10

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